Wegen Minizinsen riskante Anleihen kaufen?
Die Zinsen sind weltweit auf einem Tiefststand, die Aktien im langjährigen Vergleich relativ teuer, da wirken Anleihen mit Verzinsungen von mehr als 5,0 Prozent plötzlich sehr attraktiv. Doch Vorsicht, auch bei den verzinslichen Wertpapieren gibt es keine Rendite ohne Risiko. Das zeigt schon ein Blick auf die niedrigen Zinsen der vergleichsweise sicheren Anleihen von DAX-Unternehmen. Muss man also mehr Risiko eingehen?
Inhaltsverzeichnis
Riskante Anleihen kaufen – das sollte man wissen:
- Hohe Rendite bedeutet hohes Risiko
- Im Pleitefall besser geschützt als Aktionäre
- Teilweise Wandlungsrecht des Schuldners
- Bei Unternehmen teilweise unterschiedlicher Rang

Nicht nur Aktionäre, auch Anleiheneigner haben mit Solarunternehmen teilweise viel Geld verloren. Die Gläubiger von Solar Millennium warten immer noch auf die Rückzahlung ihrer Anleihen – und werden wohl nur einen Teil zurückbekommen. Foto: Flickr @ EnergieAgentur.NRW
Auch Anleihen von Niedrigzinsen betroffen
Die aktuelle Niedrigzinsphase geht natürlich auch an den Anleihenmärkten nicht spurlos vorbei. Eine bis 2019 laufende BMW Anleihe (ISIN XS1015212811) mit einem Zinskupon von 1,625 Prozent kostete im April 2015 rund 105 Prozent des Nennwertes. Von den noch ausstehenden, ohnehin niedrigen fünf Zinszahlungen muss also ein Großteil dafür ausgegeben werden, die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Nennwert auszugleichen. Unterm Strich ist die Rendite schlechter als mit Festgeld oder dem Sparbuch.
Das ist auch nicht verwunderlich, denn die niedrigen Zinsen wirken sich auch auf die Anleihenrendite aus. Weil Banken sich günstig Geld von der Zentralbank leihen können, bieten sie den Unternehmen auch günstige Kredite. Die Ausgabe von Anleihen lohnt sich also nur, wenn die ebenfalls niedrig verzinst sind oder man kein Geld von den Banken bekommt.
Gleichzeitig sind viele Anleger auf der Suche nach attraktiv verzinsten Anlageformen. Das drückt den Kurs, zumal sich die Investoren günstig Geld leihen können um damit besser verzinste Anleihen zu kaufen. Weil vor allem institutionelle Anleger wie Fonds oder Versicherungen ihr Geld nicht einfach aufs Sparbuch legen können, sind sichere Wertpapiere unter Umständen sogar noch schlechter verzinst als Sparkonten bei der Bank.
Warum sind auch ältere, hochverzinste Anleihen betroffen?
Aus diesem Grund sind auch ältere, höher verzinste Anleihen vom Renditerückgang betroffen. Ihr Zinskupon liegt zwar weiterhin hoch, doch gleichzeitig steigt der Kaufpreis über den Nennwert. Für eine Anleihe mit dem Nennwert von 100 Euro müssen dann beispielsweise 110 Euro bezahlt werden. Zurückgezahlt werden am Ende der Laufzeit aber nur 100 Euro, die höheren Zinsen werden also mit einem Kursverlust bezahlt. Ganz abgesehen davon, dass der Zinssatz immer auf den Nennwert angegeben wird. Wer 110 Euro für die Anleihe bezahlt hat, bekommt trotzdem nur 5 Prozent von 100 Euro als Zinsen, das entspricht einer Rendite von rund 4,5 Prozent auf die eingesetzten 110 Euro. Der Kursverlust kommt dann noch dazu. Höhere Kurse drücken die Rendite deshalb gleich doppelt.
Ein Beispiel: Eine Anleihe im Nennwert von 100 Euro und mit einem Kupon von 5,0 Prozent läuft noch genau ein Jahr, sie kostet 104 Euro. Der Anleger erhält also 5 Euro Zinsen und macht einen Kursverlust von 4 Euro. Der eine Euro Gewinn entspricht auf die 104 eingesetzten Euro gerechnet aber nicht 1,00 Prozent, sondern sogar nur 0,96 Prozent.
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Vor allem Staatsanleihen von Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz bringen deshalb kaum noch Zinsen, bei kürzeren Laufzeiten sind die Renditen teilweise sogar negativ. Wer spart verliert also Geld – und da ist die Inflation noch nicht berücksichtigt.
Riskante Anleihen kaufen als Alternative?
Immer mehr Anleger nehmen notgedrungen Anleihen von niedrigerer Bonität in ihr Portfolio. Das können Wertpapiere von weniger stabilen Unternehmen oder nachrangige Anleihen sein. Tatsächlich wurden zuletzt sogenannte Tier2-Anleihen immer beliebter. Das sind Wertpapiere, die im Falle einer Pleite nachrangig behandelt werden. Ist die Firma insolvent, wird ihr Vermögen vom Insolvenzverwalter verkauft. Daraus werden dann die Schuldner bedient, Anleihengläubiger haben deshalb im Gegensatz zu Aktionären auch bei einer Pleite gute Chancen, wenigstens einen Teil ihrer Einlagen zurück zu bekommen. Allerdings werden Tier2-Anleihen erst bedient, wenn die Inhaber regulärer Anleihen ausbezahlt wurden. Dann ist oft schon nichts mehr da.
Auch sogenannte CoCo-Bonds bieten ein zusätzliches Risiko. Das ist eine besondere Form der Wandelanleihe, bei der aber nicht der Gläubiger das Wandlungsrecht hat, sondern das Wertpapier beispielsweise beim Unterschreiten einer festgelegten Eigenkapitalquote automatisch in Aktien getauscht wird. Das ist also vor allem dann der Fall, wenn sich das Unternehmen in einer schwierigen Situation befindet und der Besitz von Aktien eher unattraktiv ist. Besonders Banken geben solche CoCo-Bonds aus, sie sollen verhindern, dass die Staaten noch einmal die Geldinstitute mit Steuermitteln retten müssen.
Worauf Anleger achten müssen
Beim Kauf von Unternehmensanleihen sind besonders die Eigenkapitalquote und die Gewinnsituation von Interesse. Ein Unternehmen in den schwarzen Zahlen geht weniger schnell Pleite, auch wenn sich natürlich die Ertragssituation schnell ändern kann. Je höher die Eigenkapitalausstattung, desto geringer die Pleitegefahr, denn meistens werden Firmen insolvent, weil sie mehr Schulden als Eigenkapital haben.
Daneben müssen Anleger auf die Rückzahlungsbedingungen achten. Sind die Anleihen nachrangig, gibt es ein Wandlungsrecht durch den Schuldner oder ist die Rückzahlung an bestimmte Kriterien gebunden?
Schließlich ist natürlich auch der Kurs wichtig. Selbst Anleihen eines vor der Pleite stehenden Unternehmens können attraktiv sein, wenn der Kurs nur niedrig genug ist.

Fazit
Höher verzinste Anleihen bergen auch ein höheres Risiko. Sie können aber trotzdem eine attraktive Investition sein, wenn Risiko und Ertrag in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Sehr sichere Anleihen sind dagegen oft niedriger verzinst als Bankguthaben und daher nicht attraktiv. Ein Mittelweg können High-Yield-ETFs sein, die in verschiedene hochverzinste Anleihen investieren und so das Risiko streuen.